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Siebenter Bericht zur statistischen Erhebung von Versuchstieren

Am 05. Dezember 2013 hat die EU-Kommission dem Rat und dem EU-Parlament den “Siebenten Bericht über die statistischen Angaben zur Anzahl der in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für Versuchs- und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere [1] vorgelegt.
Dieser basiert auf den statistischen Daten des Jahres 2011, welche die 27 EU-Mitgliedstaaten gemeldet haben (und hier – in 5 Teilen – abrufbar sind [2]).

Erstmals lassen sich direkte Vergleiche zwischen dem nun vorliegenden Bericht und dem vorletzten Bericht aus dem Jahre 2010, der die Daten aus dem Jahre 2008 enthält, ziehen, da es sich in beiden Fällen um die Daten von 27 Mitgliedstaaten handelt. Auch wurden alle Daten in der schon Ende 1997 vereinbarten einheitlichen Form– in acht harmonisierten Tabellen – abgeliefert – laut Bericht auch in „ausreichender Güte“. Allein Frankreich schaffte es wieder nicht (wie schon für den ersten, zweiten, vierten, fünften und sechsten Bericht) die erforderlichen Daten aus dem Jahr 2011 zu melden, sondern übermittelte jene aus dem Jahr 2010, die nun auch der EU-Statistik für 2011 zugerechnet werden. (Im Bericht wird nicht darauf eingegangen, warum die Kommission diese unkorrekte Vorgehensweise jedes Mal kommentarlos hinnimmt und nicht die erforderlichen Daten einfordert, zumal Frankreich das EU-Land mit dem höchsten Verbrauch an Versuchstieren darstellt.)

Im Jahre 2011 wurden in den 27 EU-Mitgliedstaaten 11.481.521 lebende Tiere zu Experimenten und Tests, die mit Leiden, Schmerzen, Ängsten oder dauerhaften Schäden verbunden waren, herangezogen – das sind um 4,3 Prozent (um 519.501 Tiere) weniger als 2008.

Frankreich nimmt mit 2.200.152 Tieren abermals die traurige Millionen-Spitzenstellung beim Verbrauch von Versuchstieren ein. An zweiter Stelle folgt diesmal Deutschland (vormals Vereinigtes Königreich) mit 2.073.702 und an dritter Stelle rangiert das Vereinigte Königreich mit 2.050.458 Versuchstieren. In Frankreich (- 5,5 %) und im Vereinigten Königreich (- 9,5 %) ist es zu einer Reduzierung gekommen; in Deutschland haben die Tierversuche um 2,6 % zugenommen.

Danach folgen in absteigender Reihenfolge:

4. Spanien (900.127; + 0,3 %)
5. Italien (781.815; – 9,5 %)
6. Belgien (665.079; – 8,3 %)
7. Niederlande (514.617; + 2,7 %)
8. Tschechien (354.196; + 17,8)
9. Dänemark (282.840; – 4,9 %)
10. Polen (282.160; + 2,3 %)
11. Ungarn (276.179; – 9,4 %)
12. Schweden (271.041; – 44,1 %)
13. Irland (264.990; + 134,8 %)
14. Österreich (191.288; – 13,2 %)
15. Finnland (136.043; – 1,8 %)
16. Rumänien (60.156; 0,0 %)
17. Portugal (46.556; – 8,5 %)
18. Estland (41.035; + 17,9 %)
19. Griechenland (28.001; – 0,1 %)
20. Bulgarien (17.259; – 47 %)
21. Slowakei (15.717; – 18,4 %)
22. Slowenien (11.874; – 4,5 %)
23. Lettland (10.329; + 9,9 %)
24. Litauen (4.067; – 27,1 %)
25. Zypern (1.328; – 37,2 %)
26. Luxemburg (502; – 86,9 %)
27. Malta (10; – 98,6 %)

Im Vergleich zum vorigen Bericht sind hinsichtlich der Reihung der Länder nach der Anzahl der verbrauchten Versuchstiere kaum wesentliche Verschiebungen auszumachen.
Auffällig sind jedoch die großen Schwankungen innerhalb einzelner Länder. Da ist die extrem hohe Zunahme in Irland (+ 134,8 %) und die erfreulichen Abnahmen in Malta (- 98,6 %), Luxemburg (- 86,9 %), Bulgarien (- 47 %), Schweden (- 44,1 %) und Zypern (- 37,2 %).

 

Anzahl der verwendeten Tiere nach ihrer Art

Bei den verwendeten Tierarten stellen die Mäuse mit mehr als der Hälfte (61%, das sind 6.999.312 Tiere) von der Gesamtzahl nach wie vor die größte Gruppe dar.
Wie schon zuvor rangieren Ratten mit 1.602.969 an zweiter und Fische mit 1.397.462 an dritter Stelle.

Dann folgen in absteigender Reihenfolge:
“Andere Vögel” (669.451; z.B. Wachtel, Zebrafinken, Kanarien, Sittiche, Papageien),
Kaninchen (358.213),
Meerschweinchen (171.584),
Schweine (77.280),
Rinder (30.914),
Amphibien (29.583),
Schafe (28.892),
“Andere Nager” (28.465; z.B. Rennmäuse, Springmäuse, Chinchillas, Biber, Eichhörnchen),
Hamster (25.251),
Hunde (17.896),
“Andere Säugetiere” (7.888; z.B. Wildschweine, Fledermäuse, Lamas, Maulwürfe),
Pferde, Esel und Kreuzungen (6.686),
Affen (6.095; davon Halbaffen: 83, Neuweltaffen: 700, Altweltaffen: 5.312, Menschenaffen: 0),
Wachteln (5.614),
“Andere Fleischfresser” (4.982; Füchse, Dachse, Robben, Otter, Iltis),
Reptilien (3.824),
Katzen (3.713),
Ziegen (2.907),
Frettchen (2.540).

Gegenüber dem Vorbericht sind keine auffälligen Verschiebungen auszumachen.
Erfreulich ist, dass – wie schon im Jahre 2002, 2005 und 2008 – keine Menschenaffen zu Versuchen herangezogen wurden.

 

Anzahl der verwendeten Tiere nach ihrer Herkunft

Seltsamerweise wird (wie schon bei den vorhergehenden Berichten) die Herkunft der Versuchstiere und die Anzahl der erneut verwendeten Tiere nicht von allen 11.481.521 Tieren erfasst, sondern lediglich von Affen, Frettchen, Hamstern, Hunden, Kaninchen, Katzen, Mäusen, Meerschweinchen, Ratten und Wachteln, die insgesamt 9.193.187 Tiere ausmachen. Die Beschränkung auf diese Tierarten stellt eine völlig willkürliche Auswahl dar und führt dazu, dass die tatsächliche Situation verschleiert wird. Schließlich fehlen somit von über 2 Millionen Tieren die Herkunfts- und Wiederverwendungsangaben (nämlich von den “Anderen Nagern”, “Anderen Fleischfressern”, Pferden, Schweinen, Ziegen, Schafen, Rindern, “Anderen Säugetieren”, “Anderen Vögel”, Reptilien, Amphibien und von den über 1,3 Millionen Fischen).

Von den – wie oben angeführt – willkürlich ausgewählten 9.193.187 Tieren kommt der überwiegende Teil, d.h. insgesamt 7.403.665 Tiere, aus registrierten Zucht- und Liefereinrichtungen des berichterstattenden EU-Landes. 1.297.217 Tiere kommen zwar aus einem Land der EU, aber aus keinen registrierten Einrichtungen.

Von den oben angeführten willkürlich ausgewählten Tierarten wurden 31.047 Versuchstiere erneut für einen Versuch verwendet.

 

Anzahl der verwendeten Tiere nach dem Versuchszweck

Unter dem Gesichtspunkt des Versuchszweckes nimmt die Biologische Grundlagenforschung nach wie vor mit rund 46 % (2008: 38 %; 2005: 33%), das sind 5.290.573 Tiere, den größten Bereich ein und ist enorm angestiegen.

Es folgt mit 32,7 % die Gruppe der 3.755.997 Versuchstiere, die zur Forschung, Entwicklung, Produktion und Qualitätskontrolle von Produkten und Geräten für die Human-, Zahn- und Veterinärmedizin eingesetzt wurden.

Für die Aus- und Fortbildung wurden 179.981, das sind 1,6 %, (2008: 1,7 %; 2005: 1,6 %)
und für

die Diagnose von Krankheiten 185.257 Tiere, das sind 1,6 %, (2008: 1,6 %; 2005: rund 2 %) verwendet.

Der Rubrik „Andere“ wurden 1.064.645 Tiere, das sind 9,3 %, zugeordnet.

 

Anzahl der verwendeten Tiere für toxikologische und sonstige Unbedenklichkeitsprüfungen

Insgesamt wurden an 1.004.873 Tieren, das sind 8,75 %, (2008: 8,7 %; 2005: rund 8 %), die äußerst schwer belastenden toxikologischen und sonstigen Unbedenklichkeitsprüfungen durchgeführt, davon, wie schon in den Vorjahren auch, zu einem Großteil für Produkte/Substanzen und Geräte der Zahn-, Human- und Veterinärmedizin.
Zur Prüfung von Kosmetika wurden an 90 Tieren (2008: 1.967; 2005: 5.571) toxikologische Tests durchgeführt.

Fast die Hälfte der Tiere, nämlich 47,5 %, das sind 477.310, wurden akuten und subakuten Toxizitätstests (wie etwa 264.779 Tiere dem LD50/LC50 Test) unterzogen.

Für Hautirritierungs- und Hautsensibilisierungstests wurden 37.017 Tiere verwendet.
Der Rubrik „Sonstiges“ wurden 221.644 Tiere, das sind 22 %, zugeordnet.
Für Prüfungen auf subchronische und chronische Toxizität wurden 80.124,
hinsichtlich der Reproduktionstoxizität 72.316,
der Entwicklungstoxizität 41.782,
der Toxizitätsprüfungen für Wasserwirbeltiere 39.406,
der Mutagenität 21.288,
der Kanzerogenität 11.876 und der
Augenreizung 2.110 Tiere verwendet.

Die meisten toxikologischen und sonstigen Unbedenklichkeitstests basierten auf gesetzlichen Vorgaben. Doch an 111.166 Tieren, (2008: 157.893; 2005: 89.417 Tieren), das sind immerhin 11 %, wurden Giftigkeitstests ohne gesetzlicher Vorschrift durchgeführt.

564.478 Tiere, das sind 56,2 % der Unbedenklichkeitstests, wurden aufgrund einer Kombination von Rechtsvorschriften (EU, Europarat, nationale und sonstige) verwendet;
213.705 Tiere wurden aufgrund von EU-Rechtsvorschriften den Versuchen unterzogen.
Aufgrund nationaler Rechtsvorschriften eines einzelnen EU-Mitgliedstaates wurden an 89.991,
aufgrund “sonstiger Rechtsvorschriften” an 23.954,
aufgrund von Rechtsvorschriften eines Mitgliedslandes des Europarates, die keine EU-Vorschriften sind, an 1.579 Tieren Experimente durchgeführt.

 

Anzahl der verwendeten Tiere im Zusammenhang mit Krankheiten von Mensch und Tier

Hierfür wurden insgesamt 6.599.320 Tiere (2008: 6.322.457; 2005: 6.969.550) eingesetzt, davon

20,2 %, das sind 1.335.895 Tiere (2008:1.430.085; 2005: 1.510.548), für Nervenleiden und Geisteskrankheiten des Menschen,
16,8 %, das sind 1.105.921 Tiere (2008: 855.204; 2005: 889.311), für Krebserkrankungen beim Menschen und
9,2 %, das sind 606.431 Tiere (2008: 614.000; 2005: 1.329.247), für spezielle Tierkrankheiten (z.B. BSE, Vogelgrippe),
7,9 %, das sind 519.810 Tiere (2008: 404.341; 2005: 17.377) für Herz-Kreislauf-Erkrankungen des Menschen.
Die höchste Anzahl der verwendeten Tiere, nämlich, 3.034.003 Tiere (2008: 3.018.516, 2005: 2.823.067), das sind 46 %, findet sich in der Rubrik für “sonstige Krankheiten des Menschen“.

Im Sinne einer verbesserten Aussagekraft der Statistik wäre es erforderlich und endlich angebracht diese Rubrik weiter nach Krankheiten (etwa nach Diabetes, Allergien etc.) zu differenzieren.
Generell macht die Statistik überhaupt nur dann Sinn, wenn weiterhin an der Qualität des Datenmaterials gearbeitet wird. Sie soll einen qualitativ aussagekräftigen Datenpool bieten, um etwa Entwicklungstendenzen zu erkennen, denen mit konsequenten Arbeitsschritten, die endlich zu der gesetzlich geforderten Reduzierung der Tierversuche führen, begegnet werden kann.

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