aus dem Kurier – 12.8.2024
Fotos und Videos von Tierschützern dokumentieren grausame Szenen aus dem Sommer 2021: In einem Schlachtbetrieb in Haschendorf (Bezirk Wiener Neustadt) wurden insgesamt 213 Schafe für ein muslimisches Opferfest geschächtet – ohne die gesetzlich vorgeschriebene Betäubung und nicht gemäß den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes. Die zappelnden Tiere bluteten qualvoll aus.
Schuldspruch aufgehoben
Jene sechs Männer aus Wien, die die dilettantische Prozedur vorgenommen hatten, sind deshalb bereits rechtskräftig verurteilt worden. Der Schuldspruch gegen den von der Bezirkshauptmannschaft hinzugezogenen Tierarzt, der die illegale Schächtung nicht gestoppt, sondern daran teilgenommen hat, wurde vom Oberlandesgericht Wien allerdings wegen formaler Mängel aufgehoben. Er stand nun am Montag erneut vor Gericht.
„Unnötige Qualen“
Dem mittlerweile pensionierten Veterinär wird von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Tierquälerei und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Statt seiner Kontrollpflicht nachzukommen, habe er sich an den illegalen Schlachtungen beteiligt und ebenfalls im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorschriften gehandelt, lautet der Vorwurf. Er habe die Identitäten und Befähigungen der Schächter nicht überprüft und die blutige Prozedur auch dann nicht beendet, als klar war, dass hier geltendes Recht gebrochen wurde.
Schächtungen dürfen in Österreich nur in Anwesenheit eines amtlichen Kontrollorgans, nur durch Personen mit entsprechender Genehmigung und nur mit sofortiger Betäubung nach dem Tötungsschnitt durchgeführt werden. In Haschendorf sei der Hals der Tiere aber nicht mit einem Schnitt geöffnet worden, was zu unnötigen Qualen geführt habe, sagt die Staatsanwältin.
Nicht qualifiziert
Statt die Schafe sofort zu betäuben, habe auch der Tierarzt dies erst nach einiger Zeit zustande gebracht.
Schneller sei die Betäubung aber nicht möglich gewesen, lautet die Rechtfertigung des Veterinärs. Warum er die Schlachtungen nicht gestoppt habe, als klar wurde, dass sie nicht im Rahmen der Vorschriften ablaufen, begründete der Angeklagte so: Seitens der zuständigen Behörde sei niemand zu erreichen gewesen, also habe er entschieden, selbst die Betäubungen durchzuführen – so rasch als möglich.
Eigentlich hätte die Grausamkeit gar nicht beginnen dürfen. Denn die Männer, die in Haschendorf zur Tat schritten, verfügten nicht über die geforderte Befugnis. Teilweise seien ihnen die gesetzlichen Bestimmungen gar nicht bekannt gewesen, gaben sie im ersten Prozess im Jahr 2023 zu Protokoll.
Acht Freiwillige
Als die zwei ursprünglich seitens der Behörde zugelassenen Schlachter am Tag des Opferfestes nicht verfügbar gewesen seien, hätten sich zunächst insgesamt acht andere Männer an ihrer Stelle gemeldet, erinnerte sich der Tierarzt. „Aber ein paar von ihnen konnten das nicht so gut, daher habe ich gesagt, sie sollen wieder aufhören.“ Wie viele der Freiwilligen dies gewesen seien, wollte die vorsitzende Richterin wissen. „Vier von acht“, lautete die Antwort.
Bedingte Haftstrafe
Einen Identitätsnachweis habe der Mediziner nicht gefordert, räumt er in seiner Aussage selbst ein. „Die Schafe waren aus dem Ausland angeliefert worden und es kamen auch schon die ersten Gäste des Festes. Wenn wir alles abgesagt hätten, hätte das bestimmt zu chaotischen Szenen geführt“, sagte der Veterinär. Und: „Man musste getaktet vorgehen, um alle Tiere wegarbeiten zu können.“
Wie schon im ersten Prozess bekannte sich der Mann nicht schuldig, wie schon im ersten Prozess wurde er zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt: diesmal zu zehn Monaten – 2023 waren es elf gewesen. Nicht rechtskräftig.