Gemäß dem österr. Tiertransportgesetz-Straße (TGSt) – BGBl. Nr.411/1994, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/1999 – dürfen Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt werden. Sind jedoch innerhalb eines Zeitraumes von 6 Stunden bzw. einer Strecke von max. 130 km mehrere Schlachtbetriebe erreichbar, so darf jeder davon angefahren werden (§5 Abs. 2 TGSt).
Zwingende EU-Vorgaben
Auf Ebene des Gemeinschaftsrechts gibt es die RL 95/29/EG, die auch Bestimmungen über Transport- und Fahrtdauer von Tiertransporten enthält. Einerseits gelten diese Bestimmungen nicht nur für Schlachttiertransporte, sondern für alle Lebendtiertranporte von Rindern, Schafen, Schweinen, Ziegen und Einhufern, insofern sind die Bestimmungen strenger als die österreichischen. Andererseits dürfen die Tiertransporte in jedem Fall 8 Stunden dauern, bei Verwendung bestimmter Spezialfahrzeuge auch sehr viel länger (Dauer hängt von der Tierart ab) – bis zu 14 Stunden, bei Schweinen sogar 24 Stunden, insofern sind die Bestimmungen lockerer als die österreichischen.
Konkreter Anlassfall
Ein deutscher Fahrer eines Schlachttiertransporters, Hr. Monsees, wurde in Österreich bestraft, weil er – von Deutschland kommend – mit einem Tiertransport länger als die zuvor genannten 6 Stunden unterwegs gewesen war (im konkreten Fall mehr als 23 Stunden). Seiner Berufung wurde vom UVS Kärnten nicht stattgegeben, daraufhin erhob er Beschwerde beim VwGH. Dieser unterbrach das Verfahren und beantragte beim EuGH ein sog. Vorabentscheidungsverfahren, d.h., er fragte beim EuGH an, ob das Gemeinschaftsrecht einer Regelung des Inhalts, wie ihn § 5 Abs. 2 TGSt aufweist, entgegensteht. Diese Frage wurde vom EuGH bejaht.
Handlungsbedarf des Gesetzgebers
Der österreichische Gesetzgeber reagierte auf dieses Urteil mit einer Ergänzung. Mit BGBl. I Nr. 134/1999 wurde das Tiertransportgesetz-Straße (TGSt) dahingehend geändert, dass eine zusätzliche neue Strafbestimmung in §16 Abs.3 Z4 TGSt eingefügt wurde, mit der kurzer Hand eine Übertretung der in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über die Transportdauer unter Strafe gestellt wurde. Aus dem Ausland kommende Tiertransporte sind gemäß den neuen Bestimmungen zu bestrafen, wenn die im Anhang der Richtlinie 95/29/EG geregelten Transportzeiten überschritten wurden (und nicht mehr wegen Überschreitung der nach § 5 Abs. 2 TGSt für Schlachttiertransporte erlaubten Transportzeiten).
Rechtsgutachten für längere Transportzeiten
Zur Frage, ob bzw. in welchem Umfang die Entscheidung des EuGH im Fall Mondees eine Novellierung des § 5 Abs.2 TGSt erforderlich macht, wurde seitens des Bundesministeriums für Verkehr ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten von Univ.-Prof. Michael Holoubek kommt zu dem Schluss, dass “auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Anpassungs- bzw. Umsetzungsverpflichung eine diesbezügliche Regelung (Anpassung des §5 Abs. 2 u. Aufhebung der widersprüchlichen Strafbestimmung) gemeinschaftsrechtlich jedenfalls erforderlich” und “im Hinblick auf Art. 18 B-VG… eine Beseitigung des Nebeneinanders der “Transportdauerregime des § 5 Abs. 2 TGSt und der Ziffern 2 bis 5 des Kapitels VII des Anhangs der RL 95/29/EG auch verfassungsrechtlich geboten sei”. Hinsichtlich inländischer Tiertransporte sei ebenfalls die neue Strafbestimmung anzuwenden. Zwar wäre nach dem Recht der EU die sog. “Inländerdiskriminierung ” zulässig, doch würde eine solche Vorgehensweise im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (etwa das ERK. V. 7.10.1997, V 76/97, V 92/97) als dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend zu qualifizieren sein, da eine Ungleichbehandlung inländischer Tiertransporteure sachlich kaum zu rechtfertigen ist.
Neuerliche Novelle
Seitens des Bundesministeriums für Verkehr wird nun das Tiertransportgesetz-Straße novelliert. Die festgeschriebene Höchsttransportdauer des § 5 Abs.2 TGSt wird fallengelassen. Überdies werden Teile der Richtlinie 95/29/EG erst im Zuge dieser Novelle umgesetzt, obwohl die Umsetzungsverpflichtung mit 31.12.1996 geendet hat.
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