Bei Autofahrten außerhalb verbauten Gebietes muss stets damit gerechnet werden, dass plötzlich Wild über die Straße wechselt. Was soll nun der Autofahrer tun, der zu einer Schadensgutmachung durch seine Versicherung kommen will?
Eine grundsätzliche Verhaltensrichtlinie wird Autofahrern durch jüngste OGH-Entscheidungen nicht geboten. Es sind Einzelfallentscheidungen, die nur eine Orientierungshilfe für ähnliche Sachverhalte darstellen.
Rettungskosten bei einem Wildunfall : OGH vom 14.3.2001, 7 Ob 307/00y
Der OGH gab einem Kraftfahrzeugversicherer, der von einem Kraftfahrzeughalter geklagt wurde, mit einer geradezu fabelhaften “Vorsicht, Meister Lampe und Reineke”-Begründung Recht: “Ein Ausweichmanöver vor einem die Strasse wechselnden Tier ist bei grösseren Tieren objektiv erforderlich, bei kleineren Tieren wie Hasen, Madern oder Füchsen in der Regel nicht. Die Verkehrssicherheit erfordert es unter gewissen Umständen, das Überfahren eines Kleintieres in Kauf zu nehmen, und sieht Abwehrmaßnahmen nur dann als gerechtfertigt an, wenn sie durch die Größe des Tieres indiziert sind. In diesem Fall konnte der Kläger jedoch nicht beweisen, dass er einem Tier auswich, dass tatsächlich eine Gefährdung des Fahrzeugs hervorgerufen hätte. Die mögliche Bandbreite von Hirsch bis Eichhörnchen sei zu wenig konkret, um den Nachweis des drohenden Versicherungsfalls zu erbringen”.
Vom “Reh aufwärts” ist Tierschutz statthaft : OGH vom 1.9.1999, 7 Ob 20/99p
In einem ähnlich gelagerten Fall, bei dem aber klar war, dass ein Reh die Strasse gewechselt hatte, entschied der OGH gegen die Versicherung : “Der Kläger hat zwar durch das Verreißen des PKW ein Schadensrisiko in Kauf genommen. Andererseits stand ihm aber eine mögliche Frontalkollision mit einem Reh bevor. Eine solche stellte bei der zu erwartenden Kollisionsgeschwindigkeit ein unmittelbar drohendes Unfallrisiko mit nicht unbeträchtlichen Schadensfolgen dar, dem er glaubte, durch Rechtsauslenken entgehen zu können. Dass dieses Manöver zu einem Überschlagen des PKW und zu einem relativ umfangreichen Fahrzeugschaden führen werde, war für ihn im Augenblick der anstehenden Entscheidung nicht in dieser Deutlichkeit vorhersehbar”.
Aus Tierschutzgründen ist die Judikatur des OGH nicht befriedigend. Bei kleineren Tieren soll der beherzte Tierfreund also ein Ausweichmanöver besser unterlassen, diese überfahren, sonst trägt er die Kosten seiner Tierliebe selbst.
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